Herdenschutz große Beutegreifer – Informationen für Weidetierhaltung
In Deutschland gibt es zurzeit 226 Wolfsterritorien, davon 8 in Bayern – mit stark steigender Tendenz. Ein Gebiet erstreckt sich zum Beispiel über Teile der Regierungsbezirke Oberfranken, Oberpfalz und Mittelfranken. Die Wildtiermanager an den höheren Naturschutzbehörden und die Ansprechpartner für den Herdenschutz an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) bieten Ihre Unterstützung an, damit mögliche Konfliktsituationen durch frühzeitige Fachinformationen und Beratungsangebote entschärft werden können.
Online-Informationsveranstaltung zum Herdenschutz
Mit Unterstützung der Bereiche Ernährung und Landwirtschaft an den Regierungen von Oberfranken und der Oberpfalz informierten Experten der verschiedenen Fachrichtungen bei einem gemeinsamen Online-Abend mit mehr als 170 Teilnehmenden zum neuesten Stand der Verbreitung und Biologie des Wolfs, über Fördermöglichkeiten und praktische Tipps zum Herdenschutz und zum Zaunbau.
Wolfsterritorien in Nordbayern
Die Wildtiermanagerin Ronja Schlosser, vom Sachgebiet Naturschutz an der Regierung der Oberpfalz berichtete über die aktuellen Wolfsterritorien in Nordbayern: in Wildflecken, Zella-Rhön, Veldensteiner Forst, Grafenwöhr, Manteler Forst, und Altmühltal, in denen sich standorttreue Einzeltiere, Paare oder Rudel aufhalten. "Außerdem ist Deutschland ein Transitland für den Austausch zwischen den einzelnen Wolfspopulationen in Europa. Durch das ausgeprägte Wanderverhalten der Tiere wird es keine wolfsfreien Zonen geben", betonte sie und wies darauf hin, dass bei täglichen Streifzügen bis zu 75 Kilometer vom Wolf zurückgelegt werden können. Nahrungsanalysen aus Deutschland ergeben, dass gut 90 Prozent der Nahrung von Wölfen aus wildlebendem Schalenwild besteht und nur 1,4 Prozent aus Nutztierrissen (vorwiegend Schaf und Ziege) stammt. Je nach Bundesland sind 50 bis 80 Prozent Weidetiere betroffen, die trotz Förderung nicht durch einen wolfsabweisenden Zaun oder Herdenschutzhunde geschützt waren.
Wolfsmonitoring
Karsten Gees, Wildtiermanager im Sachgebiet Naturschutz an der Regierung von Oberfranken, erklärte, dass das LfU beim Wolfsmonitoring auf Meldungen aus der Bevölkerung angewiesen ist, um die Bestandsentwicklung des Wolfs möglichst genau abbilden zu können und die Förderkulissen für Landwirte auszuweiten. Außerdem können dadurch Verhaltensauffälligkeiten von Einzeltieren oder Rudeln festgestellt werden. "Ein auffälliges, zudringliches Verhalten kann eine Entnahme von Wölfen rechtfertigen, genauso wie das mehrfache Erbeuten von ausreichend geschützten Nutztieren", betonte Gees. Bei den sehr seltenen Begegnungen von Wolf und Mensch beschrieb Gees das richtige Verhalten mit ein paar Faustregeln: "Verhalten Sie sich ruhig, halten Sie Abstand, machen Sie sich groß und klatschen Sie in die Hände. Leinen Sie Ihren Hund an und stellen Sie sich zwischen ihn und den Wolf. Laufen Sie auf keinen Fall davon!".
Fördermöglichkeiten
Alles Wichtige zum Thema Förderung stellte Johannes Völkl vom AELF Bayreuth-Münchberg vor. Er erläuterte, dass grundsätzlich jeder Wolfsriss mit festen Sätzen für jede Tierart und für tierärztliche Behandlungen entschädigt wird. Ausgenommen sind Risse von nicht ausreichend geschützten Weidetieren auf Weiden, die bereits vor mehr als einem Jahr als sogenanntes Wolfsgebiet im Sinne des Schadensausgleichs ausgewiesen wurden. Die Förderkulisse wird nach Wolfsereignissen und für Gebiete mit standorttreuen Wölfen festgelegt, vom LfU immer wieder angepasst und in einer verbindlichen Karte veröffentlicht. Dort ist auch die Jahresfrist für die Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen hinterlegt. Jeder Landwirt kann unter seiner Betriebsnummer in der Flurkarte nachsehen, welche seiner Flächen in der Förderkulisse liegen. Grundsätzlich sind bis zu einer Kostenobergrenze folgende Investitionen förderfähig: Mobile Elektrozäune für Schafe und Ziegen und die Neuerrichtung von elektrifizierten Festzäunen für Schafe, Ziegen, Kälber ggf. mit Mutterkühen, Jungrinder bis 24 Monate und Kleinrinderrassen. Bei anderen Tieren wie z.B. Gehegewild, Neuweltkameliden und Weideschweinen kann nur die zusätzliche Sicherung gegen Übergriffe durch den Wolf beantragt werden. "An jedem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gibt es einen Ansprechpartner für Herdenschutz, der für die Beratung der Betriebe zum Thema Förderung und Zaunbau zuständig ist und der dabei hilft, mögliche Fallstricke der Förderung zu vermeiden", erläuterte Völkl.
Tipps für wolfsabweisende Zäune
Andreas Kosel vom AELF Regensburg-Schwandorf lieferte anschauliche Tipps vom Praktiker für den Praktiker. Er erläuterte, dass ein wolfsabweisender Zaun, der dem sogenannten Grundschutz entspricht, in irgendeiner Form elektrifiziert sein muss. Ist ein nicht elektrifizierter Knotengitter- oder Maschendrahtzaun bereits vorhanden, kann er mit verschiedenen Formen des Untergrabschutzes nachgerüstet werden. Bei der Neuerrichtung eines Festzauns ist immer der Elektrozaun das Mittel der Wahl, betonte Kosel. Hier sind folgende Bedingungen für den Grundschutz zu erfüllen: 90 cm Höhe, 4 Litzen, unterste Litze max. 20 cm über dem Boden (an jeder Stelle des Zauns!), funktionsfähige, ausreichend starke Erdung, Litzen mit geringem Widerstand (<0,2 Ohm/m). Tore müssen besonders gesichert werden. Sonst können Fahrspuren oder fehlende Elektrifizierung dem Wolf einen Zugang zur Weide bieten. Gleiches gilt für Gewässer und Einsprungmöglichkeiten durch Böschungen neben dem Zaun. "Eine neu errichtete Demoanlage an der Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub zeigt Lösungsansätze für diese Fragestellungen in allen möglichen Ausführungen für Schaf und Ziege auf", berichtete Kosel. Für Mutterkühe stehen entsprechende Anlagen an den Landwirtschaftlichen Lehranstalten in Bayreuth, für Gehegewild in Markt Eslarn-Pfrentschweiher und für Pferde in Schwaiganger.