Auf zu lebenswerten Bächen

Flüsse und Seen nehmen weniger als 1 Prozent der Erdoberfläche ein, beheimaten aber ein Viertel aller Wirbeltiere wie Fische und Amphibien. Fließgewässer formen zudem die Landschaft und vernetzen mit ihren Auen terrestrische und aquatische Ökosysteme. So bieten beispielsweise steile Prallhänge geeignete Wohnräume für Eisvogel und solitäre Wildbienen. Flüsse und Bäche sind jedoch sehr störungsanfällig: Sie beheimaten nämlich eine überproportional hohe Anzahl an Tieren und Pflanzen, zugleich beeinträchtigen aber auch eine Vielzahl von Belastungen, wie die zunehmende Urbanisierung und intensive Landbewirtschaftung, die blauen Lebensadern.
Damit gelten Süßwasserökosysteme als eines der am stärksten bedrohten Ökosysteme. Der nachhaltige Umgang und der Schutz unserer Gewässer ist daher eine zentrale Aufgabe für uns und die kommenden Generationen. Denn ökologisch intakte Bäche sind wichtige Lebensräume, fördern die ökologische Vielfalt in der Kommune und sind lebenswerte Naherholungsorte für den Menschen.
Auf den nachhaltigen Umgang und Schutz unserer Gewässer zielt auch die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL): Wasserqualität und Gewässerökologie sollen bis 2027 in einem guten Zustand sein. Viele Bäche verfehlen jedoch diesen guten Gewässerzustand. Bauliche Hindernisse oder naturferne Uferbefestigungen stören die natürliche Flussdynamik und schränken die biologische Durchgängigkeit für Fische und Kleintierlebewesen ein. An monotonen, begradigten Gewässerabschnitte fehlen Rückzugs- und Lebensräume z.B. für Bachforelle oder Libellenlarven. Auch der Mehrwert für den Menschen geht dort verloren: Ein naturnaher Bach ist ästhetisch, erzeugt vielfältige Sinneseindrücke und trägt als attraktiver Erholungs- und Freizeitort zu unserem Wohlbefinden bei. Noch ist viel zu tun, auch an unseren oberfränkischen Gewässern!
Gemeinsam Gewässer naturnah entwickeln
Deswegen geht es nun darum, gemeinsam unsere blauen Lebensadern für die kommenden Generationen zu schützen und zu verbessern. An kleineren Gewässern sind dafür die bayerischen Kommunen zuständig. Insbesondere kleinere Kommunen stoßen dabei aber oft an ihre Grenzen. Das Pilotprojekt "Auf zu lebenswerten Bächen" setzt deswegen an dieser Stelle an, um gemeinsam mit den Kommunen Zug um Zug die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen. Durch die praktische Umsetzung von Beispielmaßnahmen sollen lebenswerte Bäche für Mensch und Natur geschaffen werden. Dafür können ganz unterschiedliche Maßnahmen zielführend sein. So sind z.B. Maßnahmen zur Herstellung bzw. Verbesserung der biologischen Durchgängigkeit, aber auch Maßnahmen zur Strukturverbesserung denkbar. Auch durch das Zulassen einer eigendynamischen Gewässerentwicklung oder das punktuelle Einbringen von naturnahen Strömungslenker wie Störsteine oder Baumstämme können vielfältige Lebensräume entstehen. Das Projekt ermöglicht dabei eine fachliche Begleitung der Kommune von der Idee bis zur Umsetzung.
Projekt
Laufzeit: 2020–2025
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
Kontakt: Karpf Christopher
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Das Projekt umfasst vorrangig alle WRRL-berichtspflichtigen Gewässer 3. Ordnung im Maineinzugsgebiet des Regierungsbezirks Oberfranken. Zusätzlich bildet ein Umsetzungskonzept einen weiteren Grundstein für die zielgerichtete Maßnahmenumsetzung in dem Projekt. Maßnahmenvorschläge aus dem Umsetzungskonzept sollen dann gemeinsam mit den Kommunen besprochen, fachlich gefiltert und einzelne Beispielmaßnahmen ausgewählt werden. Im Fokus stehen hierbei insbesondere kleinere Baumaßnahmen, die u.a. im Rahmen der Gewässerunterhaltung zeitnah umgesetzt werden können.
© Ines Lober, Regierung von Oberfranken Das Projektgebiet umfasst das oberfränkische Main-Einzugsgebiet.
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Die Hintergründe:
Eine Umfrage bei den mainfränkischen Kommunen zur Analyse der Hemmnisse im Hinblick auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie hat ergeben, dass die mangelnde Umsetzung von Maßnahmen an Gewässern 3. Ordnung im Wesentlichen an fehlender Fachkenntnis und Personalmangel liegt. Zur Unterstützung wurden Beratung, Handlungsempfehlungen und Musterunterlagen für die konkrete Umsetzung bzw. interkommunale Gewässer-Praktiker, die die Arbeiten vor Ort übernehmen, gewünscht.
Unser Lösungsansatz:Eine Nutzung von bestehenden Strukturen, wie z. B. Landschaftspflegeverbänden und Naturparken, die bereits im Bereich der Gewässerunterhaltung, des Naturschutzes und der Landschaftspflege tätig sind, als interkommunale Gewässer-Praktiker für die praktische Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur der kleinen Gewässer, stellt einen vielversprechenden Ansatz dar. Dabei sind diese interkommunalen Strukturen regional vernetzt und genießen das Vertrauen vor Ort. Kommunen, welche sich mangels Personal und fachlicher Kompetenzen bisher nicht mit ihren Bächen auseinandergesetzt haben, können so die "Verpflichtungen der Wasserrahmenrichtlinie" an interkommunale Gewässer-Praktiker übertragen und werden dementsprechend entlastet.
© Regierung von Oberfranken Im Rahmen des Pilotprojekts arbeitet die Regierung von Oberfranken deshalb pilothaft mit drei Landschaftspflegeverbänden (Fränkische Schweiz, Lichtenfels und Weidenberg) sowie dem Naturpark Fränkische Schweiz zusammen.
Im laufenden Projekt betreuen die interkommunalen Gewässer-Praktiker die Maßnahmen von Planung bis zur Bauausführung. Zentral ist dabei nicht nur die Beratung der Kommunen, sondern auch die Aufgabe für die Kommune – gewissermaßen als Dienstleister (vom Kümmerer zum Praktiker) - wahrzunehmen.
Die erfolgreiche flächenhafte Einbindung von Landschaftspflegeverbänden und Naturparken, welche bereits eine etablierte kommunale Struktur darstellen, soll die Kommunen zukünftig entlasten und Synergien, beispielsweise mit dem Naturschutz, nutzen.
Maßnahmenbeispiele:
An der Aufseß wird ein ehemaliges Wehr Durchgängig gestaltet. © Franz Lohmaier, Regierung von Oberfranken
An anderer Stelle wird durch kleine, punktuelle Verengungen die Strömungsvielfalt im Gewässerbett erhöht. Eingebrachte Wurzelstöcke dienen zudem als Rückzugsbereiche für Jungfische. © Franz Lohmaier, Regierung von Oberfranken Siehe Reiter "Pilotmaßnahmen" für die bisher umgesetzten Maßnahmen.

